Mit Zeiten des Alleinseins die eigenen Stärken sichtbar machen

20 September 2016 | 4 Kommentare

 

„Ohne großes Alleinsein ist keine ernsthafte Arbeit möglich“
Pablo Picasso

Mein Urlaub liegt gerade hinter mir und ich blicke auf viele schöne Begegnungen und Zeiten mit mir ganz allein. An einem sonnigen Morgen am Gardasee schrieb ich einfach mal auf, was aus meinem Inneren nach Außen wollte: Und es kam das Bewusstsein, wie kostbar diese Zeit mit mir Allein ist, in der sich meine Gedanken und Gefühle ganz von selbst sortieren und ordnen konnten.

Schließlich hat ja unser Körper, unser ganzes System immer die Tendenz ins Gleichgewicht zu kommen. In der Medizin und der Psychologie ist das die sogenannte Homöosthase. Damit ist die Selbstregulation des Körpers und der Seele gemeint Wir müssen nur den Rahmen schaffen, dass es geschehen kann. Und uns Zeiten des Alleinseins schenken.

 

Einsam oder allein?

Wann waren Sie das letzte Mal mit sich allein – und nicht einsam? Ohne Handy, Buch, Musik, andere Menschen? Mit einem guten Gefühl im Hier und Jetzt, ohne ständig in die Vergangenheit oder Zukunft abzuschweifen

Denn das macht das Alleinsein oft so schwierig: Der ständige Strom unserer Gedanken, die uns entweder in die Vergangenheit oder in die Zukunft ziehen.

Wann haben sich in Ihnen das letzte Mal Ihr Wissen, Ihre Erkenntnisse, Ihre Erfahrungen neu sortiert und Sie von innen heraus gestärkt?

Alleinsein kann eine stärkende Erfahrung sein, die uns Klarheit schenkt. Wenn wir uns bewusst sind, dass es ein tiefes menschliches Bedürfnis ist, um bei sich anzukommen und sich in seinem Sein immer wieder auszuloten.

 

Alleinsein kann eine großartige Erfahrung sein

In meinen Coachings erzählen Menschen immer wieder von Ihrer Sehnsucht, einmal ganz allein zu sein, im Kloster, auf einer einsamen Insel, auf einer Alm bei den Kühen. Sie gehen auf Wanderschaft, radeln auf einsamen Bergpässen entlang, paddeln mit dem Kanu auf stillen Flüssen. Alles, um Zugang zu ihrer inneren Stille zu finden, aus der sich ihre eigene Weisheit und Erkenntnis melden kann. Und in Kontakt damit zu sein, schenkt tiefe Zufriedenheit und Glück.

1993 begab sich der norwegische Abenteuer Borge Ousland allein auf Skiern auf eine der schwierigsten Reisen zum Nordpol in der Geschichte der Polarexpeditionen, einen 150 Kilo schweren Schlitten mit Ausrüstung und Nahrungsmitteln hinter sich herziehend. Mehr als 600 Meilen nichts und niemand, nur Eis. Ousland brauchte 52 Tage. Anschließend sagte er: „Nie zuvor habe ich so viel Zeit allein in einem Zelt verbracht, meine größte Angst vor dem Start war, ich würde mich unheimlich einsam fühlen. Doch für mich hat sich herausgestellt, dass gerade dieses Alleinsein eine der großartigsten Erfahrung der ganzen Reise war!“

 

Der Lärm unserer Gedanken

Für viele Menschen ist das Alleinsein schwierig. Sie erleben Gefühle von Einsamkeit und müssen dem Lärm ihrer Gedanken durch immer noch mehr Kontakt im Außen entfliehen. Und verlieren immer mehr den Kontakt zu sich selbst.

Und es wird nicht leichter allein zu sein und sich nicht einsam zu fühlen: Ständige Erreichbarkeit, soziale Medien, Überangebot auf allen Kanälen. Angst was zu verpassen und Verbunden sein nur noch durch Kontakt im Außen zu spüren.

 

 

Durch das Alleinsein seelisch gesund bleiben

Christina Roth, Coach und Konfliktberaterin sagt: „Allein sein bedeutet „all ein sein … mit mir eins sein“, mit mir verbunden sein. Wer diesen Zustand kennt, weiß wie wohltuend es ist, nichts beweisen, nichts darstellen, nichts begründen zu müssen. Keine Maske, kein gequältes Lächeln – einfach da sein dürfen, so wie es einem im Moment zumute ist.

In der heutigen Zeit ist „allein sein können“ eine Kompetenz, die wir wieder lernen müssen. Diese Kompetenz ist wichtig, um seelisch gesund zu bleiben. Die meiste Zeit richten wir unsere Aufmerksamkeit nach außen. Jede freie Minute wird verplant. Ständig auf Empfang, ständig erreichbar. Das ist die Normalität.“

 

Das Alleinsein als Teil des Lebens akzeptieren

Mit sich allein sein zu können heißt auch zu erkennen und akzeptieren, dass jeder Mensch letztlich allein ist. Auch wenn es eine wunderbare Verbundenheit mit anderen Menschen gibt, die immer da ist. Das ist ein Teil der Dualität des Lebens.

Um der Mensch zu werden, der ich bin, braucht es die Fähigkeit des Alleinsein Könnens. In diesen Momenten erleben wir uns selbst, begegnen unserem Kern. Wir erleben: In uns selbst ist alles, was wir brauchen, um unseren Weg zu gehen.

 

Wirkliche Begegnung mit sich selbst und anderen

Es braucht immer beide Pole: Das Alleinsein und das Verbunden Sein. In der Bewegung zwischen beiden Polen finden wir zu uns selbst.

Wirkliche Begegnung mit anderen ist nur möglich, wenn wir uns selbst im Alleinsein immer wieder wahrhaftig begegnen. Und erkennen, wie liebenswert wird sind und welche Stärken uns ausmachen. Diese Erkenntnis macht uns selbstbewusster, mutiger und handlungsfähiger.

Bei meiner beruflichen Neuorientierung waren beide Pole für mich wichtig. Einerseits die Stille und das Alleinsein, um die vielen Ideen, Einwände und Pläne sortieren zu können. Um das zu verdichten, was mit mir im Einklang ist und aus meinem Inneren nach außen drängt.

Andererseits die Gespräche mit anderen Menschen, um in Resonanz zu gehen und Feedback zu bekommen. Aus der Bewegung zwischen diesen beiden Polen entstand der Weg, den ich gegangen bin.

 

Alleinsein und Kreativität

Viele große Künstler aus allen Bereichen – Musiker, Schriftsteller, Maler, aber auch Philosophen und Forscher – pfleg(t)en die Kunst des Alleinseins und verdanken ihr ihre Ideen:

  • Wolfgang Amadeus Mozart, Komponist von mehr als 600 Stücken, die auf der ganzen Welt gehört und geliebt werden: „Wenn ich ganz für mich allein bin, etwa wenn ich nicht schlafen kann und in der stillen Nacht spazieren gehe, dann fließen meine Ideen am besten“

  • Ernst R. Hauschka, deutscher Dichter und Aphoristiker aus dem 20. Jahrhundert: „Wer ohne Begleitung spazieren geht, kommt in Begleitung vieler Gedanken zurück“

  • Albert Einstein, einer der größten Physiker und Philosophen aller Zeiten: „Zwar arbeite ich nach einem Plan, doch es vergeht kein Tag, an dem ich nicht am Strand spazieren gehe um nach innen zu lauschen. Wenn die Arbeit schlecht läuft, lege ich mich mitten am Tag hin, starre die Decke an und gebe mich meiner Fantasie hin.“

Alleinsein ganz praktisch

Welche Schritte kann man gehen, um sich dem Alleinsein anzunähern.

  • Ein Spaziergang alleine, in denen man seinen Gedanken nachhängen kann.
  • Eine Tasse Tee auf dem Sofa und einem Blick aus dem Fenster.
  • Ein Abend mit Kerzenlicht und entspannter Musik. Machen Sie es sich nicht zu schwer.

 

Mir hilft es, wenn ich meine Gedanken aufschreibe. Ohne ein Konzept, ohne zu viel Nachdenken, ob ich gut genug formuliere. Und mich überraschen lasse, was aus mir herausfließt.

Öffnen Sie dem Alleinsein in Ihrem Tempo die Tür und lassen Sie sich überraschen, welche inneren Räume Sie dabei betreten.

Und wenn Ihnen dann danach ist, weiten Sie die Zeiten des Alleinseins weiter aus. So, wie es Ihnen gut tut.

Erleben Sie mehr und mehr, wie schön und bereichernd es ist, sich selbst zu begegnen. Und aus der eigenen inneren Weisheit wie aus einer unerschöpflichen Quelle erfrischt zu werden.

Herzliche Grüße

 

Alexandra

 

Portrait Alexandra Cordes-Guth

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4 Kommentare

  1. Liebe Frau Cordes,
    das ist genau das was ich gerade zum Thema in der Therapie gemacht habe und womit
    ich mich immer wieder selbst blockiere : Meine Erwartungshaltung an den Wochenenden was da an whatsapp oder emails kommt und wer sich wohl bei mir meldet, oder abends wenn ich alleine bin kann ich das gar nicht richtig geniessen obwohl ich es nach einem anstrengenden Bürotag brauche . Einem Tag wo ständig das Telefon klingelt und ich eine Mail nach der anderen schreibe….
    selbst da ist abends der Strom meiner Gedanken in einer völlig verkehrten Richtung und ich spüre zur Zeit förmlich wie mein Akku immer schneller leer wird, und ich immer erschöpfter werde (was sicher auch bei mir physische Ursachen hat). Jedoch ist das Genießen mit einem Buch oder einfach mal in Ruhe was essen echt zu einem Problem bei mir geworden. So genau weiß ich gar nicht wie das kam – vor zwei, drei Jahren hatte ich eine Bekannte die täglich mehrmals anrief, mit der ich fast jeden Tag Kontakt hatte, es ging darum dass ich das Ruhegebet erlernen sollte. Leider hat sich bei mir da eine Art Abhängigkeit entwickelt – ich wartete förmlich auf Anrufe. Nun besteht dieser Kontakt aber nicht mehr und ich fühle mich oft allein, doch das ist ein „falsches “ Gefühl – das weiß ich. Zumal ich sowieso als hochsensibel (HSP) eingestuft werde und meine Reizschwelle sehr niedrig ist. Bekomme ich nicht genug Zeit für Rückzug werde ich unkonzentriert und aggressiv, und schusselig.
    Wie ich wieder in diese Balance die Sie beschreiben reinkommen kann ist mir im Moment ein Rätsel, selbst in den Auszeiten im Kloster hab ich nicht mehr die Mitte gefunden – weil ich immer auf Nachrichten gewartet habe (mehr oder weniger unbewußt). Vielleicht ist es das Gefühl was zu verpassen wenn ich den Erzählungen meiner Kollegen lausche, die immer was „erleben“.
    Aber es ist wirklich so- ohne mit sich eins sein ist auch keine Kreativität möglich, auch kein
    inneres Gleichgewicht. Mittlerweile spüre ich das schon körperlich, mir ist oft übel, ich habe oft
    Durchfall und Bauchschmerzen und mein Gewicht war/ist auf Talfahrt. Eine Untersuchung im Sommer ergab nichts wo man ansetzen könnte – außer eben dass ich sowieso untergewichtig bin.
    Ich denke beides spielt eine Rolle – das sich schlecht abgrenzen können und meine physische Verfassung, das Gefühl vergessen zu werden und nicht genug zu „erleben“.

    Soweit mein Statement zu dem schönen Blog auf Ihrer Seite.

    Herzliche Grüße
    Ute Baeuerle

  2. Liebe Alexandra Cordes-Guth,

    habe Ihren Artikel gelesen und dabei wohlwollend genickt, kann ich das, was Sie schreiben einfach nur bestätigen. Sie haben mir aus dem Herzen geschrieben.
    Ich lebe seit vielen Jahren diese Zeiten der Begegnung mit mir selbst und nenne sie Selbstzeit.
    Ich wohne hier in Niederbayern in einem Privathaus allerdings in einer Klosteranlage. Hier läuft das leben noch sehr ruhig und beschaulich. Ich habe mir diesen Ort ausgesucht, weil es für mich und meine seelische Entwicklung einfach ein wundervoller Platz ist, der mir viel Raum und Zeiten der Stille schenkt.
    Mir ist auch bewusst, dass nicht jeder Mensch so leben kann und auch gar nicht muss um mit sich in Einklang zu kommen. Dennoch braucht jeder Mensch zunehmend diese Zeiten mit sich selbst – in einer Zeit, in der die Zeit zu fliegen beginnt.

  3. Liebe Frau Seidl, freut mich, dass ich Ihnen aus dem Herzen schreiben konnte. Die Zeiten der Stille sind tatsächlich immer ein Geschenk für uns selbst und unseren eigenen Entwicklungsprozess. Und ich stimme IHnen zu: Für eine gesunde Entschleunigung braucht es zunehmend Zeiten der Stille und des Alleinseins. Ich wünsche uns beiden, dass der Herbst uns viele dieser Stille-Inseln schenkt – und wir sie auch nehmen können. Herzliche Grüße Alexandra Cordes-Guth

  4. Liebe Frau Baeuerle, es ist immer wieder eine Herausforderung, die Balance zu finden. Auch zwischen Alleinsein und in Verbindung gehen. Ich wünsche Ihnen, dass Ihre Intuition, Ihre Herzintelligenz Ihnen den für Sie richtigen Schritt Zeit. Wahrscheinlich geht es um kleine Schritte, die Sie im richtigen Tempo an den für Sie richtigen Platz führen. Alles Gute Ihnen und herzliche Grüße Alexandra Cordes-Guth

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