Selbstbewusst führen – in drei Schritten

26 Juli 2016 | 6 Kommentare

In einer Coaching-Sitzung in der letzten Woche war es mal wieder das Kernthema: Der Chef, der mit seinen Launen und Abwertungen bei der Arbeit für Frust und Druck sorgt. Mein Klient sitzt müde und blass vor mir. Eigentlich ein echter Hochkaräter, mit vielen Gaben gesegnet, charismatisches Auftreten. Aber immer wieder ausgebremst durch einen Vorgesetzten, der ihn übergeht, ignoriert und klein hält. Mein Klient reflektiert die schwierige Situation, die ihm für das Tagesgeschäft viel Kraft raubt. Ist bereit, seine Entwicklungsaufgabe in den Blick zu nehmen und das zu ändern, was er ändern kann. Und stößt trotzdem an Grenzen, die sich nicht bewegen lassen. Und die viele Mitarbeiter als große Hürde in ihrer Arbeit erleben.

Immer wieder wird in Studien deutlich: Die Mehrzahl der Arbeitnehmer ist unzufrieden mit dem Vorgesetzten. Es werden Zusammenhänge zu den Krankenständen in den Firmen sichtbar, hohe Fluktuation in Unternehmen und Abteilungen, mangelnde Motivation und Kreativität.

 

Auf die Lösung schauen

Mir als systemisch arbeitender Coach ist es wichtig, nicht das Problem bis ins Detail zu analysieren, sondern auf mögliche Lösungen zu schauen. Nur dann kann sich etwas bewegen. Wer zu lange am Problem klebt, trägt dazu bei, das Problem aufrechtzuerhalten und gerät in die sogenannte Problemtrance. Dadurch stagniert die Energie, nimmt auf Dauer sogar ab. Es findet kein Wachstum und keine Veränderung statt. Denn da wo die Aufmerksamkeit ist, da geht auch die Energie hin.

Was könnte also ein Lösungsansatz für bessere Führung sein, die dafür sorgt, dass Mitarbeiter intrinsisch, also aus sich selbst heraus motiviert werden. Wie kann eine Führungskraft dazu beitragen, dass Teams ihr volles Potential leben, sich dem Unternehmen verbunden fühlen und in der Zusammenarbeit eine Kultur der Wertschätzung und des konstruktiven Miteinanders möglich ist? Wie kann ein Chef ermöglichen, dass Menschen sich gegenseitig konstruktives Feedback geben, um sich weiterzuentwickeln und aus Fehlern zu lernen?

 

Wertschätzung und Authentizität gehören zusammen

Für eine Lösung sind drei wesentliche Schritte notwendig. Voraussetzung ist, dass eine Führungskraft authentisch und wertschätzend führen will. Denn Wertschätzung und Authentizität gehören unbedingt zusammen, sind nicht zu trennen, wenn es um gute Führung geht.

Das Wort „authentisch“  leitet sich ab vom griechischen Wort „authentikós“, was in etwa bedeutet „echt“, „unverfälscht“. Eine als authentisch bezeichnete Person wirkt besonders „echt“. Sie vermittelt ein Bild von sich, das beim Betrachter als real, unverbogen und ungekünstelt wahrgenommen wird. Authentizität bedeutet, dass wir so handeln, wie es unseren Überzeugungen entspricht. Den meisten meiner Seminarteilnehmer fällt dazu spontan Winfried Kretschmann, der Baden-Württembergische Ministerpräsident ein. Er hinterlässt den Eindruck, dass er sich nicht verbiegen lässt und sich so zeigt, wie er ist. Das beeindruckt – und ist authentisch.

Die Sozialpsychologen Michael Kernis und Brian Goldman unterscheiden vier Kriterien für erlebte Authentizität (2006):

Bewusstsein: Ein authentischer Mensch kennt seine Stärken und Schwächen. Er ist sich ebenso seiner Gefühle und Motive des Handelns bewusst.

Aufrichtigkeit: Er ist in der Lage, seine Schwächen nicht zu verleugnen, sondern als Teil seiner Persönlichkeit zu akzeptieren. Denn Schwächen gehören zum Menschsein dazu.

Ehrlichkeit: Er ist ehrlich sich selbst gegenüber und akzeptiert Feedback, auch wenn dieses unangenehm sein sollte. Das ist ihm möglich, weil er ein Bewusstsein über seine Stärken und Schwächen hat – er ist Selbst-bewusst.

Konsequenz: Er handelt werteorientiert, selbst wenn ihm dadurch Nachteile entstehen sollten. Deshalb kennt er seine Werte als Leitplanken seines Handelns und orientiert seine Ziele und Visionen daran.

 

Authentische Führung heißt Zusammengefasst: Denken, Fühlen und Handeln sind im Einklang.

Wer authentisch ist, der ist in gewisser Weise berechenbar, damit ist auf ihn Verlass, das gibt Sicherheit.

Authentizität bildet also eine Grundlage für Vertrauenswürdigkeit.

 

Wertschätzung als Motivationsfaktor

Repräsentative Studien wie der Talent Report von Towers Perrin oder die Gallup-Studie belegen: Der mit Abstand wichtigste Motivationsfaktor ist die Wertschätzung durch den Vorgesetzten. Und die stärkste Bindung wird durch Vertrauen erzielt.

Mitarbeiter wünschen sich vor allem echte Chefs! Die glaubwürdig, integer und ehrlich sind. Authentische Führung rückt somit als zentrale Herausforderung an die Führungsetagen klar in den Vordergrund. Neben der Sachaufgabe gibt es ganz klar auch und an erster Stelle eine Beziehungsaufgabe.

Schon über viele Jahre zeigen Studien immer wieder auf, dass ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Führung und Gesundheit der Beschäftigten besteht.

Weit verbreitet ist ein zentraler Satz aus der im Jahr 2000 erschienenen VW-Studie von Professor Peter Nieder. Dieser stellt deutlich den Zusammenhang von Führung und Gesundheit bzw. in diesem Falle Krankheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dar: „Eine Führungskraft nimmt ihren Krankenstand mit, wenn sie versetzt oder befördert wird!“

Wir sind – aus neurobiologischer Sicht – auf soziale Resonanz und Kooperation angelegte Wesen.“ „Die Motivationssysteme schalten ab, wenn keine Chance auf soziale Zuwendung besteht, und sie springen an, wenn das Gegenteil der Fall ist, wenn also Anerkennung im Spiel ist.“ Für den Menschen bedeutet das: Kern aller Motivation ist es, zwischenmenschliche Anerkennung, Wertschätzung, Zuwendung und Zuneigung zu finden und zu geben. (Prof. Jörg Bauer)

Wie können Führungskräfte ihre Mitarbeiter motivieren und ans Unternehmen binden? Sie sollten sich dafür einsetzen, dass die Beziehungen zwischen ihnen und den Mitarbeitern und zwischen den Mitarbeitern untereinander gut funktionieren.

Die wichtigste Voraussetzung für diese Motivations- und Beziehungsarbeit ist Authentizität, weil so Vertrauen geschaffen wird.

 

Die drei Schritte für selbstbewusste Führung

Wie kann eine Führungskraft authentisch sein? Dazu braucht es die folgenden drei Schritte:

Definition der eigenen Stärken und Potentiale als Schritt zu mehr Authentizität und um Mitarbeiter besser fördern zu können.

Identifikation eigener Wertvorstellungen. Sich selbst fragen: Welches sind in meinem Herzen die wichtigsten Werte? Woher kommen sie?

Selbstreflexion und Selbst-Bewusstsein – Seine eigenen blinden Flecken und Verhaltensmuster durch Feedback und regelmäßige Selbstreflexion erkennen und regulieren.

Das Ziel dieser Handlungsschritte sollte nicht in einen Selbstoptimierungswahn führen. Das erzeugt wieder neuen Druck und Reibereien. Das Ziel sollte sein, dass ich anerkenne, wer ich bin, so wie es in diesem Zen-Sprichwort sehr schön ausgedrückt ist:

Ich verändere mich nicht,
indem ich versuche,
etwas Anderes zu sein,
als ich bin.

Ich verändere mich,
indem ich anerkenne,
wer ich jetzt gerade bin

Zen-Sprichwort

 

Mit herzlichen Grüßen

 

Alexandra

 

Portrait Alexandra Cordes-Guth

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6 Kommentare

  1. Liebe Alexandra,

    was für ein toller Beitrag zur Blogparade. Ich finde es sehr bereichernd, dass Du gerade das Thema Führung in diesem Zusammenhang näher beleuchtest. Und die Definition des Modewortes „Authentizität“ schafft Klarheit und Orientierung was genau damit gemeint ist. Ich denke, dass dieser Beitrag für Führungskräfte, die sich mit dem Thema beschäftigen, sehr bereichernd ist.

    Herzliche Grüße
    Martina

  2. Sehr gut geschrieben und erkannt. Das alles ist genauso wichtig in allen menschlichen Beziehungen. Sei es Familie, Freundschaft, Partnerschaft. Sehr faszinierend. Wenn das Gleichgewicht dieser Werte nich stimmt, denn es gehören immer mindestens zwei Menschen dazu, hat es Auswirkungen auf das Ganze( Unternehmen, Familie, Partnerschaft etc.)

  3. Liebe Martina, ja, die Führungskräfte sind ja die Multiplikatoren in den Unternehmen. Und sie habe eine verantwortungsvolle Aufgabe. Ich habe dieses Thema immmer wieder in meinen Führungskräfte-Seminaren und stoße auch hier auf großes Interesse und Begeisterung. Und wenn die drei Schritte umgesetzt werden, kommt wirklich etwas in Bewegung.
    Herzliche Grüße
    Alexandra

  4. Liebe Dolores, stimmt. Es ist in allen Beziehunge wichtig, sich immer wieder selbs zu reflektieren und auch zu regulieren. Ich bin auch überzeugt, dass eine Führungskraft, die wertschätzend führt und dafür eben ihre Werte kennt, auch im Privaten einen wertschätzenden Umgang mit anderen Menschen hat. Es zeigt überall Wirkung – und ist überall notwendig.
    Liebe Grüße
    Alexandra

  5. Liebe Frau Cordes-Guth,

    Ihr Artikel hat mir sehr gefallen und aus dem Herzen gesprochen. „Eigentlich“ kann Kommunikation so „einfach“ und entspannt sein, wenn wir wertschätzend miteinander umgehen. Selbst mit heftigen und unerwarteten emotionalen Reaktionen kann ich dann umgehen. Ich weiß, Menschen sind eben „menschlich“ und reagieren auf Basis ihrer Kenntnisse, Erfahrungen und Glaubenssätze – und ich eben auch.

    Herzliche Grüße, Christian Nourney

  6. Lieber Herr Nourney,

    freut mich, dass ich Ihnen damit aus dem Herzen sprechen konnte. Das ist auch mein Anliegen. Wertschätzende Kommunikation sollte ja aus unserer inneren, grundsätzlich wertschätzenden Haltung kommen. Und damit aus dem Herzen. Ich merke oft, dass es einen Unterschied macht, wenn ich beim zuhören und sprechen bewusst durch meinen Herzbereich ein-und ausatme und nicht vorschnell in den Kopf gehe. Es gelingt nicht immer – aber immer öfter.
    Herzliche Grüße
    Alexandra Cordes-Guth

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