Stress im Job lösen – mit den inneren Antreibern

12 November 2023 | 0 Kommentare

Und da war sie wieder, diese innere Stimme, die meckerte und nörgelte. Und alles in Frage stellte.

Ich saß an meinem Schreibtisch, vor dem Fenster wirbelten Schneeflocken durch die Luft. Gerade wollte ich den Laptop zuklappen und nach Hause fahren. Da klingelte das Telefon. Der Oberarzt meldete sich und sagte: „Wir haben da eine Patientin, die heute angereist ist und die dringend noch einen Termin braucht.“

Ich hatte mir vor ein paar Tagen fest vorgenommen, keine Überstunden mehr zu machen. Und deutlich nein zu sagen, wenn es mir zu viel wird. Das war doch eigentlich nicht so schwer.

Denn bezahlt wurden die Überstunden natürlich nicht. Und frei nehmen war auch sehr schwierig, weil dauernd Kollegen krank waren und ich Vertretungen machen musste.

Ich hörte, wie der Kollege sagte: „Es ist ein schwieriger Fall, der bei ihnen sicher gut aufgehoben ist. Und die anderen Kollegen mussten auch schon zusätzliche Patienten nehmen.“

Meine „Nein-sagen-Energie“ schrumpfte in sich zusammen wie ein löchriger Luftballon. Und die innere Stimme sagte: „Du kannst die Patientin nicht hängen lassen. Die Kollegen haben auch keinen Platz mehr. Sei doch nicht so egoistisch. Dafür hat sicher jetzt niemand Verständnis.“

Ich hörte mich mit einem Seufzer „Na gut“ sagen. Und ärgerte mich im gleichen Moment über mich. Mein innerer Antreiber hatte mal wieder gewonnen. Wie so oft, wenn ich eigentlich keine zusätzlichen Patienten mehr übernehmen wollte. Weil mir langsam die Kraft ausging und ich mich abends total erschöpft fühlte.

 

Mein innerer Antreiber 

Aber dieser Antreiber lebt schon sehr lange in mir. Und ist der Meinung, dass ich es allen Recht machen muss, damit es mir und den Anderen gut geht. Und ich Anerkennung und Wertschätzung bekomme.

So geht es auch vielen meiner Klienten. Und es ist gar nicht so leicht, diese Antreiber in sich zu erkennen und sie zu entmachten.

In diesem Blogbeitrag stelle ich dir die fünf inneren Antreiber vor. Ich zeige dir, welche Schwächen sie haben, welche Stärken in ihnen stecken. Und wie du sie besser regulieren kannst. 

Damit du weißt, welches dein Hauptantreiber ist, gibt es weiter unten auch noch einen Link zu einem Test.

 

Das Modell der inneren Antreiber

Das Modell der inneren Antreiber wurde von dem deutschen Psychologen Prof. Dr. Julius Kuhl entwickelt.

Vorstellbar ist das Ganze wie kleine innere Stimmen, die uns sagen, dass wir alles perfekt machen müssen oder es allen recht machen sollen.

Diese inneren Antreiber entstehen schon in unserer Kindheit und beeinflussen, wie wir im Erwachsenenalter denken und handeln.

Die Idee hinter diesem Modell ist, diese inneren Antreiber zu erkennen und sie sich bewusst zu machen.

So kann man lernen, die Gedanken der Antreiber zu stoppen, neue Gedanken einzuladen und sein Verhalten zu verändern.
Denn Gedanken erzeugen Gefühle und Gefühle erzeugen Verhalten.

 

Wer sind die inneren Antreiber?

Die Inneren Antreiber sind wichtige Helfer für dich – hättest du keinen von ihnen in dir, würdest du wahrscheinlich nur teilnahmslos in der Ecke sitzen und gar nichts auf die Reihe bekommen.

Sie stellen nur dann ein Problem dar, wenn sie „ungehemmt“ und unreflektiert dein Leben beherrschen. Dann können sie dir eine Menge Stress verursachen und dich auch sehr unglücklich machen.

Es geht also keinesfalls darum, die Antreiber völlig aus deinem Leben zu verbannen. Du sollst sie lediglich daran hindern, die Zügel völlig an sich zu reißen.

Jeder dieser Antreiber kann dir (in Maßen) ein sehr guter Diener sein. Aber er sollte nicht die Hauptrolle in deinem Inneren übernehmen.

Zu jedem Antreiber gibt es so etwas wie einen inneren Gegenspieler, der für die unterstützende Stimme in dir steht: Der fürsorgliche Teil.

Seine Stimme ist genauso in dir vorhanden, wie die des Antreibers – nur leider wahrscheinlich ziemlich leise. Manchmal vielleicht sogar ganz unhörbar geworden, weil dein Antreiber so ein lautes, polterndes Organ hat, das den fürsorglichen Teil völlig übertönt.

Deine Aufgabe besteht also jetzt darin, deinem fürsorglichen Teil wieder mehr Gehör zu verschaffen und deinem Antreiber gleichzeitig ein bisschen was von seiner überwältigenden Präsenz zu entziehen.

 

Der Test für innere Antreiber:

Um herauszufinden, welche der inneren Antreiber bei dir besonders stark ausgeprägt sind, kannst du diesen Test nutzen.

Er kann dir helfen, mehr Klarheit über deine Denkmuster zu bekommen und zeigt dir, welche Antreiber dein Verhalten oft beeinflussen.

Besonders im beruflichen Kontext ist die Anwendung des Modells weit verbreitet. Es unterstützt Fach- und Führungskräfte dabei, ihre beruflichen Herausforderungen besser zu bewältigen, den Umgang mit Stress zu verbessern und eine gesündere Work-Life-Balance zu finden.

Aber natürlich kann man damit auch herausfinden, warum es in persönlichen Beziehungen immer wieder zu Stress und Reibungspunkten kommt.

KOSTENLOSER TEST: Hier klicken

 

Der erste Antreiber – Sei stark

Die Botschaft dieses Antreibers lautet, dass du unbedingt alles allein schaffen und durchziehen musst. Hilfsbedürftigkeit schafft in seinen Augen Abhängigkeit, und die gilt es, um jeden Preis zu vermeiden.

Er zwingt dich, die Zähne zusammenzubeißen und deine Gefühle jederzeit unter Kontrolle zu halten, um dir ja keine Blöße zu geben.

Sein Plus: er schenkt dir viel Kraft und Unabhängigkeit.

Sätze, die dein fürsorglicher Teil diesem Antreiber entgegenhalten könnte:

Ich darf offen sein.

Ich darf vertrauen.

Ich darf anderen meine Wünsche mitteilen.

Ich darf mir Hilfe holen und sie annehmen.

Gefühle zu zeigen ist erlaubt und ein Zeichen von Stärke.

 

Auch noch wichtig bei diesem Antreiber:

Beobachte dich im Alltag mal selbst und registriere bewusst, wie oft du Gefühlsregungen beiseiteschiebst oder unterdrückst. Versuche, immer wieder, etwas von deinen Gefühlen mitzuteilen. Und nimm wahr, wie dadurch echte Nähe zu anderen Menschen entstehen kann.

 

Zweiter Antreiber – Sei perfekt

Dieser Antreiber fordert von dir ständige Vollkommenheit und andauernde Übererreichung deiner Ziele. Er erlaubt dir nicht, Dinge nur „gut“ oder „ausreichend“ zu erledigen oder auch einfach mal Fünfe gerade sein zu lassen. Fehler sind eine Katastrophe in seinen Augen und deshalb unbedingt zu vermeiden.

Andererseits ist er natürlich ein guter Helfer, wenn es darum geht, Aufgaben sorgfältig und genau zu erfüllen.

Sätze, die dein fürsorglicher Teil diesem Antreiber entgegenhalten könnte:

Ich darf Fehler machen und aus ihnen lernen.

Manchmal sind 90 % vollkommen ausreichend.

Ich bin gut genug, so wie ich bin.

Ich gebe mein Bestes, und das ist genug.

So, wie ich bin, bin ich liebenswert.

 

Auch noch wichtig bei diesem Antreiber:

Achte im Alltag darauf, wie oft du dazu neigst, dich zu rechtfertigen oder mögliche Kritik an dem, was du tust, schon mal vorsorglich vorwegzunehmen, bevor jemand anderes auch nur den Mund aufmachen kann. Und versuche, diese gewohnte Reaktion öfter mal wegzulassen.

 

Dritter Antreiber – Mach es allen Recht

Dieser Antreiber redet dir ein, dass alle anderen immer wichtiger sind als du selbst. Mehr noch: er flüstert dir ein, dass es in deiner Verantwortung liegt, dass sich alle anderen wohlfühlen. Er verbietet dir, dich angemessen um deine eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu kümmern.

Im positiven Sinne hilft er dir, gute Beziehungen zu anderen zu pflegen und gut für andere zu sorgen.

Sätze, die dein fürsorglicher Teil diesem Antreiber entgegenhalten könnte:

Ich darf meine Bedürfnisse und Standpunkte ernst nehmen.

Ich darf mich zumuten.

Ich bin ok, auch wenn jemand unzufrieden mit mir ist. Davon geht die Welt nicht unter.

Ich darf es auch mir selbst recht machen.

Ich nehme Rücksicht auf mich und auf die anderen.

 

Auch noch wichtig bei diesem Antreiber:

Beobachte dich im Alltag einmal selbst, während du mit anderen im Gespräch bist. Wie häufig nickst du, lächelst zustimmend oder machst andere, dein Gegenüber bestätigende Gesten? Kannst du diese Impulse ab und zu weglassen?

Lehne einmal in der Woche eine Bitte von jemandem ab, obwohl du sie auch erfüllen könntest, wenn du wolltest.

Halte dreimal am Tag kurz inne und frage dich: Wenn es jetzt nur nach mir gehen würde – würde ich mit dem weitermachen, was ich gerade tue?

 

Vierter Antreiber – Beeil dich

Dieser Antreiber zwingt dich, alles schnell zu erledigen, was du tust. Er verbietet dir nicht nur das langsam sein und langsam tun, sondern auch das Verweilen in der Gegenwart.

Damit hindert er dich daran, wirklich in Dinge einzutauchen und in gewisser Hinsicht auch, anderen Menschen wirklich nahe zu kommen.

Positiv betrachtet ist er auch die Grundlage für Entscheidungsfreude und effizientes Handeln in deinem Leben. Und hilft dir, deine Ziele schnell zu erreichen.

Sätze, die dein fürsorglicher Teil diesem Antreiber entgegenhalten könnte:

Meine Zeit gehört mir.

Ich darf mir die Zeit nehme, die ich brauche.

Ich darf Pausen machen.

Manches darf auch länger dauern.

Ich darf meinen Rhythmus und meine Tagesform berücksichtigen.

 

Auch noch wichtig bei diesem Antreiber:

Beobachte dich selbst im Alltag: Wie oft verwendest du Ausdrücke, die Eile und Tempo zum Ausdruck bringen – „mal eben rasch“, „so schnell wie möglich“, „gleich noch“ usw.?

Hüpfst du von einer Tätigkeit zur nächsten und kommst nie zum Stillstand? Probiere aus, was sich verändert, wenn du regelmäßige Pausen und bewusste Zeiten des Nichtstuns in deinen Tagesablauf einbaust! Und erst mal bewusst durchatmest, bevor du zur nächsten Aufgabe weitergehst.

 

Fünfter Antreiber – Streng dich an

Dieser Antreiber redet dir ein, dass nur das, was du mit viel Mühe geschafft hast, wertvoll ist und Anerkennung verdient.

Er feuert dich an, auf keinen Fall nachzulassen in deinen Bemühungen oder vorzeitig aufzugeben.

Unter seinem Einfluss darfst du dich weder gehen lassen noch die Früchte deiner Arbeit genießen.

Seine positive Seite: Er hilft dir durchzuhalten und große Projekte zu schaffen.

Sätze, die dein fürsorglicher Teil diesem Antreiber entgegenhalten könnte:

Ich darf mir helfen lassen.

Ich darf regelmäßig innehalten und Pausen machen.

Ich darf, was ich tue, gelassen, lustvoll und locker tun und vollenden.

Auch was leicht geht und Freude macht, ist wertvoll.

Ich darf mich über Erreichtes freuen und ausruhen.

 

Auch noch wichtig bei diesem Antreiber:

Hör dir im Alltag öfter einmal selbst zu. Wie oft verwendest du Ausdrücke wie: „Wenn ich mir Mühe gebe …“, „Ich könnte es versuchen …“, „Das wird schwierig, aber …“ und dergleichen? Frag dich, was du mit ihnen bei deinem Gegenüber erreichen willst und ob du sie auch weglassen könntest.

Schließ die Augen und denk an die Begriffe „Leichtigkeit“ und „Verspieltheit“. Gibt es eine Assoziation, die dir als erstes dazu in den Sinn kommt? Ein Bild, ein Tier, ein Musikstück, eine bestimmte Erinnerung oder etwas ganz anderes?

 

Komm deinen inneren Antreibern auf die Spur

Ich wünsche dir, dass du immer besser erkennen kannst, wenn deine inneren Antreiber dir zu viel Druck machen. Dass du die freundlichen und fürsorglichen Stimmen in dir stärken kannst. Und damit mehr Freude und Leichtigkeit in dein Leben, deine Beziehungen und deinen Job holst.

Teile gerne in den Kommentaren, wie du deinem inneren Antreiber auf die Schliche gekommen bist, was dir dabei geholfen hat und wie sich dein fürsorglicher Teil für dich anfühlt.

Wenn du Unterstützung im Umgang mit deinen inneren Antreibern möchtest, dann buche gerne ein unverbindliches Kennenlerngespräch mit mir. Hier geht es zu meinem Terminkalender.

Herzliche Grüße

 

Alexandra

 

Portrait Alexandra Cordes-Guth

Alexandra Cordes-Guth Logo 

Alexandra Cordes-Guth begleitet Menschen mit viel Wertschätzung und Empathie
auf dem Weg ihrer beruflichen und persönlichen Veränderung und Entwicklung.

Und hier habe ich noch ein kostenloses E-Book für dich:

Das SOS-Kit-gegen-Job-Frust

Kostenloses E-Book für mehr Glück und Zufriedenheit im Job

Kostenloses E-Book gegen Job Frust

Die wirkungsvollsten Erste-Hilfe-Maßnahmen, wenn deine Unzufriedenheit im Job immer größer wird.

Ich hasse Spam und behandle deine Daten vertraulich. Im Nachgang zu diesem E-Book erhältst du weitere Tipps und Inspirationen für Wege und Strategien für mehr Glück im Job über meinen kostenfreien Newsletter. Wenn der nichts für dich ist, kannst du dich jederzeit mit nur einem Klick wieder abmelden. Hinweise zum Datenschutz findest du in der Datenschutzerklärung.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert