Meine Patientin baute sich vor mir auf und beschwerte sich über den schlecht organisierten Therapieplan. Und die Massage sei auch wieder nicht drin. Und überhaupt sei sie mit dem Verlauf der Therapie überhaupt nicht zufrieden.

Dabei hatten wir in den 12 Wochen, die sie in unserer Klinik verbrachte, viele Themen bearbeitet. Und sie hatte mir immer wieder gesagt, was für eine gute Therapeutin ich für sie wäre und wie wohl sie sich bei mir fühlt. Das war mir manchmal fast schon zu viel gewesen.

Und dann kippte das Ganze ins andere Extrem.

Mir wurde schnell klar, was die Ursache war. Die Patientin hatte eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Bei diesem Krankheitsbild ist es oft so, dass andere Menschen zuerst auf ein Podest gestellt und in den höchsten Tönen gelobt werden. Wenn es dann um Loslassen und Abschied geht, wird alles was war entwertet und schlecht gemacht. Sonst halten sie den Abschied nicht aus.

Auch vorher gab es immer wieder herausfordernde Situationen. Sobald es darum ging, den eigenen Anteil an Konflikten (die es ziemlich häufig mit Mitpatienten gab) zu reflektieren, gab es Wutausbrüche. Und es wurde klar: Sie war der Meinung, dass sie grundsätzlich im Recht ist. Der Fehler lag immer bei den Anderen.

Sie erwartete in der Gruppentherapie viel Verständnis für ihre schwierige Lebensgeschichte. Zeigte aber für das Leid der anderen kein Verständnis und war nicht in der Lage, sich in die Mitpatienten einzufühlen.

 

Die zweiten Seiten des Narzissmus

Der Umgang mit narzisstischen Menschen ist immer wieder eine Herausforderung.

Als Therapeutin habe ich oft tief ihre die Lebensgeschichten geschaut. Und sehr frühe und tiefe Verletzungen zusammen mit den Patienten entdeckt.

Oft steckt hinter dem narzisstischen Verhalten der Wunsch, nie mehr verletzt zu werden und die Kontrolle über das eigenen Leben zu behalten. Deshalb macht der Narzisst sich zum Mittelpunkt seiner Welt, von dem aus er (vermeintlich) alles kontrollieren und beherrschen kann.

Natürlich bringt der Narzissmus auch Positives mit sich. Narzissten sind häufig sehr visionär und setzen große Ideen und Projekte um, weil sie unglaublich viel Energie haben.

Sie zeigen Charme, Selbstbewusstsein und Initiative beim Kennenlernen und können andere für sich begeistern. Sie bringen Abwechslung und Spannung in Beziehungen.

Narzissten haben meist hohe Ziele, sind optimistisch, haben Selbstvertrauen und sind durchsetzungsstark, auch wenn es Widerstände gibt. Dadurch kommen sie persönlich häufiger schneller voran, können aber auch Teams und Unternehmen zum Aufstieg verhelfen. Sie sind risikobereit und gehen immer wieder neue Wege.

In der Psychologie sagt man auch, dass gesunder Narzissmus überlebenswichtig ist und viel Positives mit sich bringt. Weil dahinter ein sehr starkes Selbstbewusstsein steht.

Aber wenn er in eine übertriebene Form kippt, wird es, wie bei allen Dingen, problematisch.

 

Woran man einen Narzissten erkennt

Wenn sich bei einem Menschen der Narzissmus in eine übertriebene, negative Richtung entwickelt, gibt es fünf Merkmale, an denen man einen Narzissten erkennen kann:

#1 Die Kontrolle behalten

Menschen mit narzisstischen Zügen sind oft Kontrollfreaks! Sie wollen entscheiden und das letzte Wort haben.

 

#2 Schnelle Aggressivität

Wenn etwas nicht so läuft wie er will, kommt die aggressive Seite zum Vorschein Er wird unfreundlich und lässt seinen Ärger an seinen Mitmenschen aus. Serviert zum Beispiel der Kellner das falsche Gericht oder bringt den falschen Wein, wird er ihn vor allen anderen Gästen dafür zur Schnecke machen.

 

#3 Ein Narzisst entschuldigt sich nicht

Er geht davon aus, dass er immer Recht hat. Deshalb wird er sich auch nicht bei anderen entschuldigen. Oder darüber nachdenken, was er für einen Fehler gemacht haben könnte.

 

#4 Keine Angst vor Konfrontation

Da er sich für wichtiger und wertvoller hält als seine Mitmenschen, scheut er keine Konflikte. In seinen Augen haben die anderen ja eh keine Chance gegen ihn. Er wird aus jedem Konflikt als Sieger hervorgehen. Auch wenn er dabei viel zerbrochenes Porzellan hinterlässt.

 

#5 Er steht gern (immer) im Mittelpunkt

Ein weiteres Anzeichen ist, dass es für ihn nichts Wichtigeres gibt als Anerkennung. Um diese zu bekommen, schiebt er sich bei jeder Gelegenheit in den Mittelpunkt. Egal ob es passt oder nicht. Und ihm ist auch egal, was andere dann vielleicht über ihn denken. Denn es zählt ja nur seine Meinung.

 

Umgang mit narzisstischen Menschen 

Es ist also nicht immer ganz leicht, mit einem Narzissten eine gute Beziehungsebene zu finden.

Mir hat es geholfen, das Verhalten der Patientin auf der Sachebene zu sehen und zu verstehen. Und ihr Verhalten nicht persönlich zu nehmen. So konnte ich sie gut gehen lassen.

Für viele meiner Klienten, die in einer narzisstischen Beziehung leben, ist das leider nicht so einfach.

Es braucht ein starkes und gesundes Selbstwertgefühl, um mit einem Narzissten umgehen und leben zu können.

Und manchmal braucht es auch den Mut, die Beziehung zu beenden. Und sich aus der toxischen Energie zu lösen, die dabei entstehen kann.

Viele Menschen, die mit einem Partner leben, der narzisstische Züge hat, haben selbst kein gutes Selbstwertgefühl.

Und wenn ihr Partner sie in guten Zeiten mit viel Charme und Lebendigkeit auf ein Podest stellt und ihnen vermittelt, wie verliebt sie sind, dann ist es schwer, sich zu lösen. Denn Narzissten haben ja auch ihre positiven Seiten, können begeistern, mitreißen und überzeugen.

Aber sie können anderen nur selten auf Augenhöhe begegnen, weil sie selbst immer die Nummer eins sein müssen und bewundert werden wollen. Und sie ziehen ihr Selbstwertgefühl daraus, dass sie sich besser und wertvoller fühlen als der Andere.

 

Lösungswege für narzisstische Beziehungen 

Mit meinen Klienten arbeite ich in solchen Fällen an ihrer eigenen Geschichte. An ihrem fehlenden Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen.

Bei fast allen blockierenden Dynamiken, egal ob im Beruf oder in einer Beziehung, liegtt eine alte, schmerzliche Geschichte dahinter, die Menschen in der Kindheit oder ihrer Jugend erlebt haben. Und die sie immer wieder lähmt.

Wenn ein Mensch in einer Beziehung mit einem Narzissten steckt, in der er sich unglücklich und abhängig fühlt, entwertet und ständig kritisiert wird und nicht gehen kann, liegt die Ursache oft in der Vergangenheit.

Manchmal ist ein Mensch schon bei narzisstischen Eltern großgeworden und konnte sich als Kind nur anpassen und hat nie gelernt, dass es auch andere, wertschätzende Beziehungen auf Augenhöhe geben kann.

Mit Hilfe der systemischen Therapie, die sich immer auch das Familiensystem anschaut, findet sich dann oft die Ursache für die Abhängigkeit. Und mit der Logosynthese (einer sehr wirkungsvollen Methode aus der energetischen Psychologie)  lässt sich diese alte Blockade meist schnell und leicht auflösen. Mit dem Ziel, dass der Klient seine Beziehung selbstbewusst und auf Augenhöhe führen kann.

Es gibt auch Klienten, die in ihrem beruflichen Umfeld unter einem narzisstischen Chef leiden, dem sie nie etwas Recht machen können. Der sie ständig kritisiert und keinerlei Wertschätzung für ihre Arbeit zeigt.

Das ist leider gar nicht so selten, weil Narzissten mit ihrem grandiosen Selbstbewusstsein die Karriereleiter sehr leicht nach oben klettern können.

Auch hier ist es wichtig zu lernen, wie man mit ungerechter Kritik und unangebrachten Wutausbrüchen selbstbewusst umgeht und gesunde Grenzen setzt.

 

Wege für einen selbstbewussten Umgang mit Narzissten

Um mit Narzissten selbstbewusst umgehen zu können, braucht es vor allen Dingen ein gutes und gesundes Selbstbewusstsein. Das heißt, man muss sich seiner Stärken bewusst sein und Frieden mit seinen Schwächen schließen. Das heißt im Grunde, dass es wichtig ist, selbst einen gesunden Narzissmus zu entwickeln.

Diese drei Schritte helfen dabei, ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln und sich von narzisstischen Verhaltensweisen nicht mehr in die Ecke drängen zu lassen

#1 Regelmäßig auf seine Stärken schauen und sich bewusst machen, was man alles gut kann und worauf man stolz sein darf. Denn Menschen mit einem schwachen Selbstbewusstsein schauen in der Regel zu sehr auf ihre Schwächen.

# 2 Sich selbst mit viel Wertschätzung und Mitgefühl begegnen. Viele Menschen sind selbst ihr größter Kritiker und lassen kein gutes Haar an sich. Und so lange man sich selbst keine Wertschätzung entgegenbringt, werden es andere auch nicht tun.

#3 Nein sagen und Grenzen setzen. Auch wenn es am Anfang schwer ist. Am Anfang hilft es, wenn man sich nach Grenzüberschreitungen überlegt, wie man beim nächsten Mal anders reagieren kann. Und dann Stück für Stück übt, die neuen Verhaltensweisen umzusetzen.

In meinem Blogbeitrag „Gesundes Selbstbewusstsein – 12 geniale und einfache Tipps“ findest du noch mehr praktische Anregungen, mit denen du dein Selbstbewusstsein Schritt für Schritt stärken kannst.

 

Podcast zum Thema Narzissmus

Zum Thema Narzissmus gibt es einen sehr guten Podcast von Ulrike Scheuermann, der viele Informationen und Tipps gibt, wie man die verschiedenen Formen von Narzissmus erkennt, wie man mit ihnen umgehen kann. Und auch den Weg aus toxischen Beziehungen mit Narzissten findet:

Es gibt insgesamt vier Teile dazu. Man kann sie natürlich auch in seiner Podcast App hören.

 

Die eigene Entwicklungsaufgabe erkennen

Ein Narzisst bietet einem die Chance, sein eigenes Selbstbewusstsein zu reflektieren. Und alte Wunden und Verletzungen aus ungesunden Beziehungen zu spüren und in den Blick zu nehmen.

Denn je hilfloser und verletzter wir uns fühlen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine alte Geschichte dahintersteckt, die geheilt werden will. Und wir können die schwierige Begegnung als Entwicklungsaufgabe für uns nutzen.

Wenn du auch unter Menschen leidest, die eine narzisstische Persönlichkeit haben und wissen willst, wie du selbstbewusster damit umgehen und neue Wege für dich finden kannst: Dann buche gerne ein kostenloses Inspirationsgespräch mit mir. Oder lass dich in einem Coaching von mir auf dem Weg zu einem gesunden Selbstbewusstsein begleiten. Hier gleich kostenloses Gespräch buchen. 

Herzliche Grüße