Mit meinem inneren Kritiker ist es wie mit einem kleinen Drachen, der gerne Feuer spuckt und mich ordentlich anfaucht.
Neulich ist er mir mitten auf meiner Bergwanderung begegnet und hat mir den Weg mit dunklen Gedankenwolken versperrt.
Es war noch früh am Morgen, der Tag gerade erst erwacht.
Die Sonne steigt langsam auf und vertreibt Schatten, taucht die Wiesen in hellgelbes Licht, zaubert aus Tautropfen kleine Diamanten auf den Grashalmen.
Kuhglocken verbinden sich miteinander und legen einen beruhigenden Klangteppich über die Landschaft, klingen für mich wie eine Achtsamkeitsglocke, die zum Innehalten einlädt, zum bewussten Sein.
Ich bin ganz glücklich mit mir und der Welt.
Die Begegnungen mit dem inneren Kritiker
Dann höre ich meinen kleinen Drachen fauchen – weil ich meinen Weg nicht finde. Es ist ein kleiner und versteckter Weg zum Gipfel, den nicht viele kennen.
Ich bin ihn schon oft gegangen, weiß eigentlich normalerweise wie im Schlaf, wo es langgeht.
Dieses Mal sehe ich den Weg nicht, werde unruhig und die Gedanken fangen an wild in meinem Kopf herumzuspringen. Mein innerer Kritiker hat gleich ein paar seiner liebsten Sätze für mich parat:
„Das war ja klar, dass etwas schief gehen wird, du hast du zu früh gefreut.“
„Du solltest dir besser merken, wo es langgeht.“
„Sowas passt immer nur dir!“
„Das kommt davon, wenn man vor sich hinträumt und nicht auf den Weg achtet.“
„Ist wahrscheinlich besser, wenn du umdrehst und es einfach lässt.“
Ich atme durch und merke, wie verspannt mein Körper gerade ist. Solche Gedanken kenne ich nur zu gut.
Sie sind uralt, begleiten mich in ähnlicher Form schon lange in meinem Leben.
Sie fühlen sich wie Gift in meinem Kopf und meinem Körper an, lähmen mich, machen mich traurig und unsicher.
Sind wie ein Drache, der auf dem Weg vor mir sitzt und mich in eine dunkle Rauchwolke hüllt.
Die ganz persönliche Heldenreise
Bist du deinem Drachen und inneren Kritiker auch schon öfter begegnet? Und hast ihn bezwungen?
Die Menschen, die ich begleite, begegnen ihm alle – auf der Reise zu ihrem Ich. Es ist unsere ganz persönliche Heldenreise.
Wir durchlaufen dabei viele Stationen und meistern jede Menge Herausforderungen. Auch die Begegnungen mit unserem kleinen Drachen.
Und die Belohnung auf dieser Reise ist der innere Schatz, den wir dabei entdecken.
Den eigenen Weg finden
Kurz darauf spüre ich mein fürsorgliches Ich, meine gute Fee. Sie legt mir die Hand auf die Schulter und spricht mir Mut zu: „Du wirst ihn finden, atme durch und schau noch mal ganz in Ruhe.“
Sie erinnert mich daran, dass ich freundlich und mitfühlend mit mir selbst umgehen darf.
Und tatsächlich: Ich gehe noch mal ein Stück zurück aus dem dunklen Wald, in den ich gerade gelaufen bin, in dem alle Wege in einer Sackgasse zu enden scheinen.
Zurück in die Helligkeit auf den breiten Weg. Mit meinem fürsorglichen Ich an meiner Seite.
In dieser Ruhe und Gelassenheit fällt mein Blick auf einen Hügel voller Wurzeln, Steine und Erde. Und plötzlich sehe ich, dass dahinter weitergeht.
Ich muss nur über einen Stein klettern – und bin auf meinem Weg zum Gipfel.
Es ist wie ein kleines Wunder. Mein Körper entspannt sich und es ist ganz klar, wo es jetzt weitergeht. Und meine innere Fee lächelt mir liebevoll zu.
Sich nicht von Hindernissen abhalten lassen
Mich erinnert diese Situation daran, wie oft ich den Weg zu meinem inneren Schatz und der Fülle in meinem Leben weitergehen möchte – und den Zugang nicht zu finden scheine.
Wie ich mich schnell verunsichern lasse, wenn ich den Weg nicht gleich sehe, an mir zweifle. Und erst im Innehalten und in der Verbindung mit innerem Mitgefühl und Fürsorge sehe, dass er direkt vor mir liegt.
Diese kleine Erfahrung macht mir bewusst, an wie vielen Stationen ich auf der Reise zu meinem Ich schon vorbeigekommen bin.
Wie oft ich mich nicht von scheinbaren Hindernissen habe abhalten lassen.
Sondern geduldig darauf vertraut habe, dass der Weg sich wieder zeigen wird. Und meine Vorstellungen, Ängste und Zweifel losgelassen habe.
Dass sich gerade in der Begegnung mit scheinbaren Hindernissen ganz klar gezeigt hat, welchen Schritt ich über das Geröll vor mir machen kann.
Der Strom unserer Gedanken kann zu einem plätschernden Bach werden
Die größte Veränderung auf diesem Weg ist die Erfahrung und Erkenntnis, wie sehr meine Gedanken mein Leben und mein Sein prägen.
Unsere Gedanken, die wie ein ständiger Strom an uns vorüberziehen. Entstanden aus Erfahrungen, die wir gemacht und aus Glaubenssätzen, die wir gelernt haben.
Durch sie setzen wir immer wieder die gleiche Brille auf, mit der wir auf die Welt schauen.
Und je mehr wir unsere Gedanken bewusst wahrnehmen, desto größer wird die Möglichkeit, selbst zum Gestalter unseres Lebens zu werden.
Selbst zu entscheiden, durch welche Brille ich gerade jetzt auf die Welt schauen möchte. Und ob ich auf meinen inneren Kritiker hören möchte oder auf mein fürsorgliches Ich.
Für mich ist der Strom meiner Gedanken inzwischen zu einem leise plätschernden Bach geworden.
Meine Gedanken reißen mich nicht mehr mit, in Strudel und Stromschnellen. Ich kann sie wahrnehmen – und weiterziehen lassen.
Ich bin nicht was ich denke. Unter den Gedanken liegt der Zugang zu unserem weisen und liebevollen Ich.
Aber wir sind so daran gewöhnt, diesem Strom der Gedanken und der Stimme des inneren Kritikers zu folgen, dass wir das Leise, Zarte und Liebevolle kaum hören können.
Drei Schritte, die dir helfen, aus dem Strom der Gedanken herauszukommen
Der erste Schritt: Die eigenen Gedanken wahrnehmen – und weiterziehen lassen.
Das scheint den meisten Menschen am Anfang sehr schwierig, weil es eine tief eingegrabene Gewohnheit ist, sich mit diesen Gedanken zu verbinden.
Weil es Sicherheit zu geben scheint und mit der Hoffnung verbunden ist, eine Lösung für eine Frage oder ein Problem zu finden.
Aber je mehr wir uns mit unseren Gedanken verbinden, desto mehr entfernen wir uns von uns selbst, machen uns Sorgen um die Zukunft oder suchen nach Fehlern, die wir in der Vergangenheit gemacht haben. Und beides führt nicht weiter.
Wer seine Gedanken freundlich betrachten und loslassen kann, kommt ganz bei sich an, ganz im jetzigen Moment.
Und findet eine unglaubliche Kraftquelle. Verbindet sich einfach mit dem, was gerade ist und stärkt das Vertrauen in den Prozess des Lebens.
Wie du tiefer in das Meer deiner Gedanken eintauchen kannst, liest du in diesem Blogbeitrag: Entdecke die Kraft deiner Gedanken.
Der zweite Schritt: Freundschaft mit dem inneren Kritiker, dem eigenen Drachen schließen.
Denn er ist der Persönlichkeitsanteil, der der Hüter unserer Gedanken und Glaubenssätze ist.
Er ist wie ein Wächter, der immer wieder auf unserer Heldenreise auftaucht, Feuer spuckt und vor den Toren steht, die wir gerne durchschreiten möchten um unsere inneren Schätze zu finden.
Denn wir alle wissen tief in uns, dass es diese Schätze gibt. Und dass es unser Geburtsrecht ist, sie zu entdecken und in die Welt zu bringen.
Der Drache fordert uns heraus, weiter zu wachsen, uns unseren Prüfungen zu stellen. Und uns nicht von unserem Weg abhalten zu lassen.
Der dritte Schritt: Die innere Fee in sich entdecken.
Die innere Fee ist unser liebevoller, fürsorglicher und mitfühlender Anteil. Der meist viel, viel leiser als der große fauchende Drachen ist.
Sobald wir Freundschaft mit dem Drachen schließen, kann die innere Fee sich aus ihrem Versteck hervorwagen und ihre liebevollen Zauberkräfte entfalten.
Sie spricht mit uns, wie eine fürsorgliche Mutter oder die beste Freundin. Sagt Sätze wie:
„Das schaffst du schon, mach dir keine Sorgen“.
„Bleib ganz ruhig, dann wirst du den Weg finden“.
„Du bist sicher und geschützt, alles wird gut“.
„Du bist sicher und geschützt“.
Freundschaft mit dem inneren Kritiker schließen – und den eigenen inneren Schatz entdecken
Wenn Menschen den Drachen in sich entdecken, möchten sie ihn am liebsten aus ihrem Leben verbannen.
Sie sind traurig und wütend, wenn sie wahrnehmen, dass dieser Drache sie seit Jahren davon abhält, ihrem Schatz näherzukommen.
Und überrascht, wenn ich sie einlade, Freundschaft mit diesem Drachen zu schließen. Um ihn zu ihrem Verbündeten zu machen.
Denn dieser Drache in uns ist ja ein Teil von uns selbst. Beginnen wir gegen ihn zu kämpfen, kämpfen wir damit auch wieder gegen uns selbst.
Lassen uns auf einen Prozess ein, in dem es immer einen Gewinner und einen Verlierer geben wird.
Und das Schlimmste: Wir lehnen einen Teil von uns ab.
Jeder Heilungsprozess ist dann am wirkungsvollsten, wenn wir uns erlauben, ganz zu werden. Auch mit unseren ungeliebten und unerwünschten Schattenanteilen.
Mit unseren inneren Drachen und dem inneren Kritiker in ihm, der sich uns immer wieder mit einer guten Absicht in den Weg stellt
Der Weg zu dieser Freundschaft beginnt damit, dass wir den Drachen in uns fragen, welche gute Absicht er hat.
Denn jeder Teil in uns hat eine gute Absicht, möchte uns vor etwas bewahren und dafür sorgen, dass wir weiterkommen.
Und oft hat er in unserem Leben auch schon Gutes für uns bewirkt.
Der Schlüssel zur Freundschaft mit deinem Drachen und inneren Kritiker ist Wertschätzung und Mitgefühl.
Dann kann der Drachen in dir zu einem magischen Begleiter werden, der dir das Tor zu deinem Schatz im Licht seines Feuers zeigen kann.
Nachdem ich meinen Weg mit Hilfe meiner guten Fee entdeckt habe, gehe ich Schritt für Schritt dem Gipfel entgegen, mein Drache hat sich hingelegt, und ruht sich aus.
Er muss sich keine Sorgen mehr um mich machen.
Wenn du noch mehr darüber erfahren möchtest, wie du den inneren Kritiker zu deinem Freund machen willst, dann schau dir dieses kurze Video an:
Ich wünsche dir, dass du die guten Absichten deines kleinen Drachens erkennen kannst und immer öfter die Stimme deiner guten Fee hörst!
Einen wunderbaren Sommer und viele Herzenswege zu deinen inneren Schätzen.
Herzliche Grüße
Sehr schöner Artikel und es ist wohltuend sich nicht selbst zu bekämpfen, sondern sich liebevoll zu begleiten. Der Gedanke an eine innere Fee finde ich sehr schön! Danke Alexandra für den Impuls und auch für das tolle Video!
Liebe Iris, genau darum geht es: Sich selbst liebevoll zu begleiten. Freut imch, dass dir die innere Fee gefällt!
Liebe Grüße – Alexandra