Ich sitze am Schreibtisch, schaue aus dem Fenster und in meinem Kopf überschlagen sich die ärgerlichen Gedanken. Drei Anläufe – die mich nicht ans Ziel gebracht haben. Ich bin enttäuscht von mir selbst. Und frustriert, weil es mir nicht gelingt, etwas für meinen Blog zu schreiben. Drei halbfertige Texte, die für mich nicht rund sind. Die im Moment einfach nicht passen.
Ich frage mich, was ich tun kann, weil ich den Menschen, die meinen Blog lesen, gerne wieder ein Zeichen schicken möchte. Einen Impuls. Und je länger ich darüber nachdenke, desto deutlicher spüre ich es. Der Text ist schon da. Er ist schon in mir. Er fordert mich heraus, mich meiner Intuition anzuvertrauen. Mich mit ihr zu verbinden. Das ist in den letzten Monaten immer wichtiger für mich geworden.
Geschehen lassen
Weniger zu machen. Mehr geschehen zu lassen. Die Angst auszuhalten, dass durch das Loslassen vieler Dinge, und durch weniger Tun Stillstand eintritt.
Aber es ist stattdessen eine innere Stille und Klarheit eingetreten. Auch wenn ich nicht sehen kann, wo mein Weg nach der nächsten Kurve weitergeht, gibt es jetzt das Vertrauen, dass mich zu den Erfahrungen und Aufgaben bringt, die mich weiterwachsen lassen.
Deshalb habe ich kurz bevor ich diesen Text begonnen habe eine Meditation gemacht. Und abgewartet, was aus mir herausgeschrieben werden möchte. Zu den Menschen, die ihn lesen werden.
Und ich möchte heute einen Blick auf einen Lebensabschnitt mir dir teilen. Und eine wunderschöne Geschichte, die mir gesagt hat, dass sie heute einen Platz hier haben möchte, die ich dafür frei nacherzählt habe.
10 Jahre Leben und Wachstum
Zehn Jahre liegen hinter mir, seit ich meinen ersten Newsletter geschrieben habe. Das ist mir erst heute ganz plötzlich bewusst geworden. Zehn Jahre, in denen viele unsichtbare Samen in meinem Leben im Rückblick zu etwas Großem herangewachsen sind.
Zehn Jahre, in denen ich zweimal umgezogen bin, meinen sicheren Job aufgegeben, in denen mein Vater gestorben ist und in denen ich unglaublich viel Neues gewagt habe.
Hätte ich vorher gewusst, was in diesen 10 Jahren alles geschehen wird, hätte ich vor Manchem Angst gehabt. Vor dem Schmerzlichen – aber manchmal auch vor dem Schönen. Denn auch Glück und Schönheit kann mich so berühren, dass es weh tut und meine innere Welt aus den Fugen geraten lässt.
Auch vor mir selbst und meiner Leidenschaft, die mich manchmal selbst in meiner Begeisterung überrollt hat. Mit der ich meine Berufung in die Welt hinaustragen wollte und mit der ich auf einmal unglaublich Kräfte in mir entwickelt habe.
Die mich aber manchmal aber auch unter großen Druck gesetzt hat, zu einem harten inneren Antreiber wurde, der sich in jeder freien Minute mit seinen langen Listen an Aufgaben gemeldet hat.
Die Kraft der Selbstliebe gegen den Stachel in uns
Mein erster Newsletter vor 10 Jahren: Ein paar Zeilen, die ich an eine Handvoll Seminarteilnehmer verschickt habe. Ich wusste nicht, was daraus werden wird. Wollte mit meinen Texten und Impulsen Menschen dabei begleiten, ihren Weg selbstbewusst zu gehen und liebevoll und freundlich zu sich selbst zu sein.
Das hat sich bis heute nicht geändert. Es hat nur noch mehr Facetten bekommen. Weil ich erkannt habe, wie viele Menschen diesen Mangel der Selbstliebe und des Selbstmitgefühls wie einen Stachel in sich tragen, der sie zutiefst schmerzt. Mit dem sie sich immer wieder selbst verwunden und sich davon abhalten das zu tun, was ihr Herz ihnen sagt. Was sie erfüllen würde.
Ich sehe für mich selbst diese innere Transformation als meine wichtigste Aufgabe an. Denn es ist eine lebenslang andauernde Verwandlung, die in uns beginnt. Sie ist nie wirklich abgeschlossen.
Weggehen, um immer wieder neu bei sich anzukommen
So wie ein Baum, der jedes Jahr neue Äste in den Himmel wachsen lässt und sich immer tiefer verwurzelt.
Mit jedem Schritt, den wir von uns weggegangen sind, entsteht auch die Möglichkeit, wieder neu bei sich anzukommen.
Um einzutauchen in die Liebe und Freundlichkeit, in Mitgefühl und Wärme, die in uns wohnt. Die wir immer wieder vergessen. Die aber trotzdem da ist.
Und mit der Wellenbewegung des „Von sich Weggehens“ und des „Wieder neu bei sich Ankommens“ taucht sie in uns auf.
An den eigenen Brüchen wachsen
Diese unauslöschliche Energie in uns erinnert uns daran, dass wir unperfekte und verletzliche Wesen sind. Die ihr Bestes geben und alles so gut machen, wie sie es gerade können.
Wesen, die oft an sich selbst und an den Herausforderungen Brüche erleben, manchmal auch das Gefühl haben, zu zerbrechen.
Und die durch Liebe und Mitgefühl für sich selbst an ihren Brüchen wachsen und tiefe Heilung erfahren.
Die durch ihre Brüche und das scheinbar Unperfekte eine berührende Schönheit ausstrahlen, die tief aus ihrem Inneren kommt und ihnen eine unglaubliche Würde verleiht.
Wir dürfen die Zerbrochenheit in uns verwandeln. Sie mit Würde tragen. Und uns in Verbindung mit ihr zu einem kostbaren Geschenk für die Welt werden lassen.
Die Wunde ist der Ort, an dem das Licht in dich eintritt.
Rumi
Und hier ist die Geschichte, die heute hier ihren Platz finden wollte. Die dir Mut machen soll, deine Brüche in ein neues Licht deiner einzigartigen Schönheit zu tauchen.
Die zerbrochene Schale und ihre wahre Schönheit
Im 15. Jahrhundert fiel dem mächtigen Shogun Ashikaga Yoshimasa einmal seine Lieblingsteeschale herunter und zerbrach dabei. Diese Schale hatte ihm seine verstobene Tochter kurz vor ihrem Tod geschenkt und sie war wie eine Verbindung über den Tod hinaus zu ihr. Er war zutiefst betrübt über die Beschädigung dieser für ihn so kostbaren Schale.
Er bat seinen treuen Diener, sie reparieren zu lassen. Nach einiger Zeit kam sie glanzlos und stumpf wieder zu ihm zurück. Sie war einfach lieblos zusammengeklebt worden und hatte ihren besonderen Glanz verloren. Der Shogun war bekümmert und sehnte sich nach der Zartheit und Schönheit zurück, die die Schale vorher ausgestrahlt hatte.
Sein treuer Diener, der die Traurigkeit seines Herrn erkannte, nahm die Schale wieder an sich und sann auf eine Lösung. Er wollte die Schönheit und das Schimmern der Schale wieder sichtbar werden lassen. Und im Traum überbrachte die Tochter des Shogun ihm die Lösung.
Er zerbrach die Schale erneut in mehrere Teile, nahm dann den Lack, der zum Kleben verwendet wurde und mischte ihm Gold bei. Mit viel Geduld und Liebe fügte er die einzelnen Teile wieder zusammen. Stück für Stück entstand die kostbare Schale wieder neu. Und schimmerte an den Bruchstellen in mattem Gold.
Als der Diener dem Shogun die Schale brachte sagte er: „Der scheinbare Makel der Schale ist nun zu einem Zeichen der Schönheit geworden. Und daran, dass das, was zerbrochen war, wieder ganz wird und schöner ist, als es vorher war.
Diese Geschichte ist übrigens die Grundlage einer ganz eigenen japanischen Philosophie, dem Kintsugi.
Impuls zum Nachdenken
– Welche Stationen und Entwicklungen kannst du sehen, wenn du auf die letzten 10 Jahre deines Lebens zurückblickst?
– Welche Samen sind aufgegangen und haben deine innere Schönheit sichtbar werden lassen?
– Welche Risse und Verletzungen könntest du würdigen und damit heilen lassen?
Nimm dir eine halbe Stunde Zeit, und schreibe deine Gedanken zu den Impulsfragen auf. Lass deine innere Weisheit beim Schreiben sichtbar werden und mach dir damit selbst ein Geschenk und würdige deinen Weg.
Ich wünsche dir, dass die Brüche in dir zu Aufbrüchen werden und du dich immer wieder an unendliche liebevolle Energie in dir erinnerst.
Herzliche Grüße
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hi liebe Alexandra,
die Geschichte erinnert mich an einen Spruch meiner Urgroßmutter, “ die gesprungene Dibbscher halte am längschde „.
du regst mich an, etwas vesöhnlicher darüber zu denken 🙂
Liebe Moni, was für ein passender Spruch zu dieser Geschichte. Ja, und immer wieder geht es darum, dass wir versöhnlich auf uns selbst und das, was das Leben so mit sich bringt schauen und zu denken. Das ist ein wichtiger Schritt zu uns selbst.
Liebe Grüße – Alexandra