Vor ein paar Jahren ist sie mir das erste Mal begegnet. Wie ein seltener, bunter Vogel, der eines Tages vor deinem Fenster vorbeifliegt und sich kurz auf dem schwankenden Ast deines Bewusstseins niederlässt. Und sie kam immer wieder, weil sie wohl spürte, dass sie einen Platz in meinem Leben braucht.
Es war die Hochsensibilität. Ich hörte von diesem Begriff und spürte, das hat mit mir zu tun. Mit einigen Seiten an mir, der mir manchmal Mühe machen, die andere Menschen vielleicht sogar als seltsam empfinden.
Aber die Hochsensibilität bringt auch sehr beglückende und besondere Fähigkeiten und Erfahrungen mit sich, für die ich sehr dankbar bin.
Um diesen Schatz in sich verstehen und nutzen zu können, ist es hilfreich und wichtig zu verstehen, was es bedeutet, hochsensibel zu sein.
Wo es eine besondere Achtsamkeit mit sich selbst braucht, um damit umzugehen. Und welche Schätze es mit sich bringt, die uns selbst und andere reich beschenken können.
Die herausfordernden Seiten der Hochsensibilität
Für mich war es eine große Erleichterung zu wissen, dass ich hochsensibel bin.
Viele Empfindungen, Eigenarten und Verhaltensweisen, die ich selbst manchmal nicht verstehen konnte, haben auf einmal einen Sinn gemacht.
Da fallen mir viele Beispiele ein:
Die kratzigen Strumpfhosen und Pullover, die ich schon als Kind nicht auf der Haut ertragen habe.
Die lauten, aus dem Nichts auftauchenden Geräusche, die mich oft zusammenzucken lassen. Und die andere einfach überhören können.
Der Small Talk auf Partys in lauen Sommernächten, in den ich einfach keinen Einstieg finde und mich mitten unter Menschen seltsam verloren fühle.
Die Veranstaltungen, die ich nach 2-3 Stunden wieder verlassen muss, weil die vielen Gesichter, Gespräche, Gerüche und Geräusche in mich hineinfließen und mein Inneres wie ein großes Regenfass irgendwann einfach überläuft.
Die Abende im Bett, in denen ich wachliege und lange über die Gespräche des Tages nachdenke. Immer wieder Sätze und Dialoge durchgehe, um die Essenz dessen was war, besser zu verstehen.
Die Tränen, die mir beim Anblick des Tiertransporters aus den Augen schießen, wenn ich die suchenden Schnäuzchen der Kälber durch die metallenen Luken sehe.
Die Schätze der Hochsensibilität
Aber das ist auch die abgrundtiefe Freude, die mich durchströmt, wenn ich nach vielen Monaten das erste Mal wieder am Meer bin. Eine Freude, die jede Zelle in mir ins Schwingen bringt.
Die tiefe Verbindung, die ich im Kontakt mit anderen Menschen spüren kann, wenn wir uns auf der Herzebene begegnen können.
Die Bilder, die ich mit Worten aufs Papier malen, mit Farben, die aus der Tiefe meiner Seele kommen und andere Menschen tief berühren.
Die tiefe Sehnsucht nach einem sinnerfüllten Beruf, die mich immer wieder angetrieben hat, nach meinem Weg zu suchen. (Und die mich immer wieder auf wunderbare Weise zu den richtigen Plätzen geführt hat).
Die Situationen, in denen ich wie mit einer magischen Brille in das Herz anderer Menschen schauen kann. Und ihre Fragen, Sehnsüchte, ihre Geschichte und ihre Verletzungen sehen kann.
Momente der Stille, in denen ich den Flügelschlag des Schmetterlings höre, den warmen, erdigen Duft der Sonne rieche und die wohltuende Kraft der Erde spüren kann.
Und da ist immer wieder das Licht in meinem Herzen, das Wissen in Weisheit verwandelt und das mich aus unergründlichen Tiefen sanft und kraftvoll wärmt.
All das sind Facetten meiner Hochsensibilität. Vielleicht kennst du auch einige davon? Und fühlst dich vielleicht erleichtert, dass es dafür einen Begriff gibt und auch andere Menschen diese Eigenschaften in sich tragen. Und immer wieder davon herausgefordert werden.
Was ist Hochsensibilität?
Der Begriff der Hochsensibilität wurde 1990 von Elaine Aron eingeführt, einer amerikanischen Psychologin und stößt auch in der wissenschaftlichen Forschung auf immer mehr Interesse.
Man geht davon aus, dass 15 – 20% der Menschen hochsensibel sind.
Hochsensibilität ist keine Krankheit oder seltsame Eigenschaft. Es ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das ein Teil der Menschheit in sich trägt.
Viele Menschen sind sehr erleichtert, wenn sie hören, dass sie hochsensibel sind. Weil sie vorher denken und befürchten, dass mit ihnen etwas nicht stimmt.
Weil sie anders und intensiver empfinden als ein Großteil der Menschen um sie herum.
Hochsensible sehen, hören, fühlen, schmecken, riechen intensiver als andere Menschen, weil sie Sinneseindrücke intensiver verarbeiten.
Häufig nehmen sie auch die Stimmungen anderen Menschen auf und können sich schlecht abgrenzen.
Sie brauchen meist mehr Ruhe, weil sie sehr viele Reize verarbeiten und in sich sortieren müssen.
Stärken und Fähigkeiten hochsensibler Menschen
Hier sind einige der besonderen Stärken und Fähigkeiten, die hochsensible Menschen haben können:
#1 Gutes Einfühlungsvermögen und viel Empathie
#2 Ein hohes Maß an Kreativität
#3 Gutes Reflexionsvermögen
#4 Hoher Gerechtigkeitssinn
#5 Intensive, detaillierte Wahrnehmung
#6 Starke Vorstellungskraft
#7 Guter Zugang zu ihrer Intuition
#8 Große Begeisterungsfähigkeit
Drei Schritte für einen guten Umgang mit Hochsensibilität
Was kann du tun, um die Gaben der Hochsensibilität für dich zu nutzen und mit den Grenzen, die sich zeigen, konstruktiv umzugehen?
Der erste Schritt: Finde heraus, ob du hochsensibel bist, und nehme es als Geschenk an.
Hier gibt es einen Test, mit dem du herausfinden kannst, ob du hochsensibel bist: HSP Test.
Der zweite Schritt: Sei achtsam und liebevoll mit dir selbst. Und finde heraus, wo deine Grenzen sind und wann du sie überschreitest, weil du denkst, du musst so sein wie die anderen.
Der dritte Schritt: Schenk dir immer wieder Zeit zum Innehalten und Inseln der Ruhe und Be-Sinn-ung, damit du deinem inneren Reichtum einen sicheren und würdevollen Platz geben kannst.
Ein Buchtipp zum Thema Hochsensibilität: Zartbesaitet. Auf der Website des Verlages kann man die ersten vier Kapitel gratis lesen: Hier geht’s zum Buch.
Das innere Kind und intuitives Schreiben als Unterstützung
Viele meiner Klienten sind hochsensibel und sind froh, über die Begleitung auf ihrem Weg zu einer wunderbaren Freundschaft mit sich selbst.
Für sie ist der Kontakt zu ihrem inneren Kind und das intuitive Schreiben eine gute Unterstützung, die ihnen Zugang zu den vielen inneren Schätzen in ihnen schenken kann.
In diesem Blogbeitrag erfährst du mehr über das innere Kind: Die Glückskindstrategie – das freie innere Kind
Und hier über das intuitive Schreiben: Innere Blockaden lösen – so kann Schreiben dabei helfen.
Wenn du an Online-Kursen teilnehmen möchtest, die dich auf dem Weg zu deiner hochsensiblen Seite unterstützen Hier findest du Infos dazu.
Und wenn du dir Begleitung auf deinem Weg als hochsensibler Mensch suchst dann buche gerne einen kostenlosen Gesprächstermin mit mir, bei dem wir schauen, wie ich dich unterstützen kann. Hier gleich buchen.
Herzliche Grüße
Liebe Alexandra,
vielen Dank für diesen Block und deine persönlichen Worte!
Sofort zu Beginn des lesens habe ich gemerkt, dass ich mich in so, so Vielem wiederfinde und deine Gedanken eins zu eins unterschreiben kann und weiß, wovon du sprichst, ohne den Fragebogen ausgefüllt zu haben.
Das tut gut und entlastet mich irgendwie! Vor allem, weil du sagst, dass Hochsensibilität keine Krankheit sei, sondern eher ein Persönlichkeitsmerkmal, mit dem man/ich auch Hilfreiches in die Welt bringen kann und es für mich bzw. für andere „nutzen“ kann.
Oft denke ich nämlich so wie du, dass mit mir etwas nicht stimmt, ich zu sensibel bin und viel zu schnell emotional reagiere. Immmer wieder sage ich mir oder bekomme gesagt: „Sei doch nicht so empfindlich! Du musst dir ein dickes Fell anlegen. Du bist viel zu nahe am Wasser gebaut und denkst zu viel nach!“ und so weiter und so fort. Die Liste liese sich noch viel weiter führen.
Schon vor längerer Zeit hat mir ein lieber Mensch rückgemeldet, dass ich vielleicht hochsensibel sei. Ich habe das abgetan und dachte immer „Ich? Nein, dass kann nicht sein.“ Denn ich kenne sehrwohl auch eine andere Seite von mir: Die macht dicht, verdrängt und wirkt nach außen tough, angepasst immer bereit, stets anpacken……
Aber vielleicht gehören ja auch beide Seiten dazu!? Vielleicht sind Hochsensibele auch gute „Schauspieler“ und „Sich-Zurücknehmer“!?
Auf jeden Fall hast du mir Mut gemacht und mich dazu gebracht, darüber einmal nachzudenken, weiter zu lesen und mich nicht als „defizitär“ zu sehen.
Herzlichen Dank und feinfühlige Grüße
Birgit
Liebe Birgit, wie schön, dass du dich gleich so wiedergefunden hast. Fühle feinfühlige und hochsensible Menschen haben das Gefühl, sie sind zu emotional. Und bekommen auch Rückmeldungen im Außen, die diese Wahrnehmung verstärken. Je mehr es gelingt, den inneren Schatz in diesem Persönlichkeitsmerkmal zu entdecken, desto besser kann ihn auch für sich nutzen. Und unglaubliche und wunderschöne Tiefen in sich entdecken. Die auch andere Menschen bereichern. Viel Freude auf der Entdeckungsreise zu deinen feinfühligen Seiten wünsche ich dir von Herzen. Liebe Grüße Alexandra