Die Delfinstrategie in der Praxis – das angepasste innere Kind

05 April 2021 | 4 Kommentare

In meinem Blogbeitrag „So stärkst du dein Selbstvertrauen mit der Delfinstrategie“ habe ich das Modell der Transaktionsanalyse erklärt. In dem sechs innere Persönlichkeitsanteile den ganzen Tag miteinander sprechen und Einfluss auf unser Selbstvertrauen, unsere Gefühle, unser Verhalten haben. Und damit unser Leben massiv beeinflussen.

Die Delfinstrategie habe ich schon an viele Menschen in meinen Gruppen und Coachings weitergegeben und in praktische Beispiele übersetzt. Und ich weiß, dass es für die Anwendung im Alltag oft noch mehr Informationen braucht.

Deshalb gibt es von mir eine Serie von Blogbeiträgen, in denen du erfahren kannst, welche Persönlichkeitsanteile zur Delfinstrategie gehören und wie du sie ganz praktisch für ein gesundes Selbstvertrauen nutzen kannst. Die Links zu den anderen Beiträgen findest du am Schluss dieses Beitrages noch mal alle in der Übersicht.

 

 

Maus als Sinnbild für das angepasste innere Kind

Das angepasste innere Kind: Die Maus in der Delfinstrategie

Das angepasste innere-Kind ist der Teil in uns, der aus der Angst und Scham entsteht, dass wir nicht gut genug sind, dass mit uns etwas nicht stimmt. Es ist ein sehr schüchterner und vorsichtiger Teil in uns, der unsere Fürsorge und Unterstützung braucht.

Wenn wir mit diesem Teil verbunden sind, verschwindet unser wahres Selbst immer mehr und wir versuchen die meiste Zeit, es anderen Recht zu machen. Dieser Teil blockiert viel Lebendigkeit und Energie und ist froh, wenn er von seinen Ängsten erlöst wird.

Deshalb zeige ich dir heute, wie man erkennen kann, wann die Maus in uns spricht.

 

So kannst du das angepasste innere Kind in dir erkennen

Wie kann man denn erkennen, dass die Maus, das angepasste innere Kind in uns (oder auch aus anderen Menschen) spricht?

Es macht sich durch das Gefühl der Anspannung und Ängstlichkeit bemerkbar. Wenn wir mit der Maus in uns verbunden sind, fühlen wir uns klein und unwichtig. An folgenden Merkmalen kannst du die Maus in dir erkennen:

  1. Am Verhalten
  2. Am Tonfall
  3. An der Sprache / Wortwahl
  4. An der Mimik (Gesichtsausdruck)
  5. An der Körpersprache

 

 

Beispiele für die fünf Merkmale der Maus in der Delfinstrategie

Verhalten: scheu, vorsichtig, gehemmt, ängstlich, schuldbewusst, Beifall heischend, unsicher, bescheiden, folgsam, Gefühle unterdrückend

Tonfall: leise, unsicher, stockend, weinerlich, zerknirscht, unterwürfig, niedergeschlagen, klagend

Wortwahl: Ich befürchte, wenn du meinst…, vielleicht, nur wenn du willst, ich helfe gerne, das war bestimmt nicht richtig, ich wollte doch nur….

Mimik: Blick nach unten, zitterndes Kinn, unsicherer und fragender Blick, ständiges Lächeln

Körperhaltung: unterwürfige und verhaltene Gestik, hängende Schultern, beißt sich auf die Lippen, verschränkte Beine, Hände verknotet, Knie zusammengepresst, Hand heben, wenn man sprechen will

 

 

Wie dein Körper auf das angepasste innere Kind reagiert

Wenn die Maus in uns aktiv wird, reagiert unser Nervensystem mit Anspannung. Der Herzschlag wird schneller, die Atmung wird flach, manche Menschen bekommen hektische rote Flecken im Gesicht und am Hals, der Mund wird trocken.

Der Bauch zieht sich zusammen, der Nacken wird angespannt und steif, manche Menschen schwitzen, bekommen feuchte Hände, andere haben kalte Hände und Füße.

Die Maus zeigt sich oft über den sogenannten Totstellreflex. Diese Reaktion ist tief in unserem limbischen System verankert, wenn Gefahr droht. Das war schon bei den Neandertalern ein wichtiger Überlebensreflex, wenn der Säbelzahntiger ihnen zu nahe kam.

Wir Menschen versuchen bei Gefahr zu fliehen oder den Gegner anzugreifen. Wenn das nicht möglich ist, bleibt nur noch die Erstarrung: Der Totstellreflex. Dann war man für manche Gegner nicht mehr interessant, sie ließen von der Beute ab und zogen weiter.

Viele Menschen, die oft in ihr angepasstes, ängstliches inneres Kind rutschen, erleben dieses Gefühl der Erstarrung und Ohnmacht. Sie spalten sich von sich selbst und ihren Bedürfnissen ab und sind dann auch nicht mehr verkörpert. Sie re-agieren nur noch auf das Außen und spüren sich nicht mehr.

 

 

Das angepasste innere Kind möchte gefallen

Das angepasste innere Kind entwickelt sich, wenn wir als Kinder das Gefühl bekommen, dass wir fehlerhaft und nicht liebenswert sind. Kinder kommen mit dem kleinen Delfin auf die Welt, sind neugierig, mutig und vertrauen ihrer Entwicklung.

Diese kraftvolle Lebendigkeit kann unterbrochen werden. Entweder durch fehlende Bindung oder durch kritische Bewertungen.

Wenn ein Kind zum Beispiel aus Versehen sein Glas mit Apfelsaft umwirft und die Eltern sagen: Meine Güte, du bist aber ungeschickt. Ständig wirfst du alles um. Dann bekommt das Kind das Gefühl, dass es fehlerhaft ist, ständig etwas falsch macht.

Wenn die Eltern sagen: „Du hast gerade das Glas umgeworfen und ich ärgere mich, weil jetzt der Boden klebrig ist und ich ihn putzen muss. Pass bitte das nächste Mal besser auf“ ,dann bezieht sich die Kritik auf das Verhalten des Kindes und die konkrete Situation. Es wird nicht als grundsätzlich ungeschickt bezeichnet. Und lernt, dass sein Verhalten für sein Gegenüber ärgerlich ist – aber nicht es selbst.

Die meisten Kinder haben Kritik auf der persönlichen Ebene erlebt, sich in ihrem Sein kritisiert gefühlt. Das Traurige daran ist, dass dadurch Schamgefühle entstehen. Scham ist eines unserer Grundgefühle und hat, wenn es zu oft entsteht, eine toxische Wirkung.

Es vergiftet uns von innen heraus. Stück für Stück entsteht die Überzeugung, dass wir nicht gut sind, so wie wir sind. Und der kleine Delfin verschwindet hinter der angepassten kleinen Maus, die es allen Recht machen will, damit sie geliebt wird.

 

 

Eigene Bedürfnisse, Angst vor Kritik und innere Einsamkeit

Die Maus entwickelt sehr feine Antennen für ihre Umwelt. Sie versucht wie ein kleiner Seismograph die Stimmung um sich herum wahrzunehmen und auf sie zu reagieren.

Sie lernt, die Wünsche und Bedürfnisse der anderen über ihre eigenen zu stellen, damit sie positive Resonanz bekommt. Das führt auf Dauer dazu, dass sie gar kein Gefühl mehr für die eigenen Bedürfnisse hat, nicht mehr weiß, was ihr guttut.

Sie ist immer bereit, anderen Menschen zu helfen, sie zu unterstützen, ihnen Gutes zu tun. Und kann selbst kaum Hilfe annehmen, weil sie denkt, dass sie nur eine Daseinsberechtigung hat, wenn sie etwas für andere tut.

Kritik löst in ihr tiefe Verzweiflung aus, weil sie ja gelernt hat, dass sie fehlerhaft ist. Und jede Kritik rührt an diese Wunde, zieht ihr den wackligen Boden ihrer Existenz wieder weg.

Sie strengt sich immer mehr an, alles richtig zu machen und den Menschen in ihrem Leben zu gefallen. Und fühlt sich innerlich klein, unwichtig und sehr einsam, weil sie niemand ihr wahres (scheinbar fehlerhaftes) Ich zeigen darf.

 

 

Deine Begleiter für einen heilsamen Umgang mit der Maus

Die Maus hört mit ihren großen Ohren vor allem das, was der innere Kritiker ihr sagt. Um seiner Kritik zu entgehen versucht sie schon im Vorfeld, ja alles richtig und gut zu machen und sich perfekt zu verhalten. Immer freundlich, höflich, zuvorkommend, hilfsbereit.

Menschen mit einem starken angepassten inneren Kind brauchen zur Unterstützung den Elefanten und die Giraffe. Der Elefant (das Erwachsenen-Ich) hilft dabei, Abstand in belastenden Situationen zu bekommen und automatische Verhaltensmuster zu unterbrechen.

Ich habe zum Beispiel lange Zeit immer „Das macht doch nichts“ gesagt, wenn mich jemand angerempelt hat. Meine Maus war sofort auf dem Sprung und hat lieb und freundlich reagiert. Bis ich mit Hilfe des Elefanten gemerkt habe, dass es mir eben doch was ausmacht. Und ich dieses „Reiz-Reaktions-Muster“ unterbrechen und ehrlich sagen konnte, dass der andere besser aufpassen soll.

Die Giraffe (das fürsorgliche Eltern-Ich) hilft dem angepassten inneren Kind dabei, mit Fehlern gelassener umzugehen und sich für die eigenen Bedürfnisse einzusetzen. Wir Menschen sind von Natur aus fehlerhafte Wesen und können uns nur entwickeln, wenn wir Dinge ausprobieren – und dabei Fehler machen.

Bei Menschen mit angepasstem innerem Kind ist durch den lauten inneren Kritiker die Überzeugung entstanden, sie müssen perfekt sein, dürfen keine Fehler machen. Mit Hilfe der Giraffe dürfen sie lernen, gnädiger mit sich umzugehen und Fehler als Teil ihres Weges anzunehmen. 

Wenn wir Menschen laufen lernen müssen wir viele Male wieder aufstehen, bis wir es endlich können. Wir brauchen Eltern, die uns ermutigen weiterzumachen, die uns für jeden Schritt loben, der gelingt. Die uns trösten und auf den Arm nehmen, wenn uns alles weh tut. Genauso ist die Giraffe in unserem inneren Team. Sie stärkt uns mit ihrer Fürsorge, ihrem Mitgefühl und ihrem Glauben an uns.

 

 

Die Delfinstrategie und ihre anderen Anteile im Überblick

Wenn du dir zuerst noch einmal das gesamte Modell der Delfinstrategie anschauen möchtest, lies gerne noch mal den Blogbeitrag dazu. 

Der Innere Kritiker, der Wolf in uns: Die Delfinstrategie in der Praxis – den inneren Kritiker zähmen. 

Das fürsorgliche Eltern-Ich, die Giraffe: Die Delfinstrategie in der Praxis – das fürsorgliche Eltern-Ich

Das Erwachsenen-Ich, der Elefant: Die Delfinstrategie in der Praxis – das Erwachsenen-Ich 

Das freie innere Kind, der Delfin: Die Delfinstrategie in der Praxis – das freie innere Kind.

Das trotzige innere Kind, das Äffchen: Die Delfinstrategie in der Praxis – das trotzige innere Kind

Schreib mir gerne in den Kommentar, wenn du noch Fragen hast und ob dir diese Merkmale helfen, Maus besser zu erkennen und ihr liebevoll zu begegnen.

Herzliche Grüße

 

Alexandra

 

Portrait Alexandra Cordes-Guth

Alexandra Cordes-Guth Logo 

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4 Kommentare

  1. Die Delfinstrategie ist eine sehr interessante Reihe und durch die Tiere als Symbole zugänglicher and leichter zu merken. Ich bin begeistert und werde mir die unterschiedlichen Anteile noch öfter durchlesen.

    Oft ist es ja so, dass die jeweiligen Anteile noch zu automatisch funktionieren und der Elefant und die Giraffe gar nicht in Erscheinung treten bzw. wahrgenommen werden können. Ich würde mich freuen, wenn Du dazu noch ein paar Techniken auf Lager hättest: wie kann ich leichter aus einem Reaktionsmuster aussteigen, wenn die Situation alte Wunden triggert?

    LG

  2. Liebe Heather, ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass diese Strategie durch die Tierbilder für die meisten Menschen sehr leicht verständlich und einprägsam ist. Zuerst ist es so wie du schreibst: Die Anteile sind uns erst mal nicht bewusst. Und der Wolf ist bei den meisten Menschen der lauteste und vertrauteste Anteil. Wichtig ist vor allem, immer wieder den Elefant als neutralen Beobachter zu aktivieren. Das geht ganz leicht, wenn wir tief durchatmen, damit das Nervensystem runterfährt und der Atem uns mit unseren Empfindungen und Gefühlen verbinden kann. Dann die Gedanken und die Körperempfindungen wahrnehmen. Und dann lässt sich schnell erkennen, wer gerade spricht. Ich werde es im Webinar am 21.04. noch mal ausführlicher erklären und noch einen Beitrag mit Praxisbeispielen schreiben Freut mich sehr, dass dich die Delfinstrategie anspricht und du sie schon versucht für dich zu nutzen. Liebe Grüße Alexandra

  3. Je nach Situation, erkenne ich mich als Maus (nur nicht auffallen, anderen gefallen, um nicht abgelehnt zu werden). Meist geschieht das jedoch unbewusst. Hier freue ich mich auf jedenfalls, mehr über die Delphinstrategie zu lernen, um bewusst den „elterlichen Part“ als z.B. Giraffe/Elephant zu übernehmen. Bisher habe ich mich erst durch deine Blogs etwas mit der Strategie auseinandergesetzt. Jedenfalls sehe ich hierbei sehr großes Potential drin für mehr Selbstvertrauen. Letztendlich so zu handeln, wie man es tatsächlich will und nicht, wie man meint, das es so von uns erwartet würde.

  4. Liebe Karen, das stimmt: Unsere Verhaltensweisen in den verschiedenen Anteilen sind uns meist erst mal nicht bewusst. Deshalb ist es so hilfreich über die Delfinstrategie einen Zugang zu diesen Anteilen zu bekommen und sie kennenzulernen und wahrzunehmen. Selbstbewusstsein hat ja vor allem damit zu tun, dass wir uns unserer Selbst bewusst werden. Nur dann können wir etwas verändern. Alles was unbewusst bleibt, können wir nicht ändern, werden aber permanent davon beeinflusst. Freut mich sehr, dass meine Blogbeiträge dir für dieses Thema einen Anstoß geben konnten. Und genau wie du sagst: Ziel ist es, mehr den bewussten (Elefant) und fürsorglichen Teil zu übernehmen. Der leider oft viel zu wenig in uns präsent ist. Um dann selbstbewusst und mit viel Selbstvertrauen handeln und sein Leben gestalten zu können. Herzliche Grüße Alexandra

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